Knochenwerkstatt

Tätowieren mit Knochenwerkzeug

Welchem Wandel die gesellschaftliche Beurteilung von Tätowierungen auch immer unterlegen haben mag, unzweifelhaft ist, daß die Kunst menschliche Haut mittels Farbstoffinjektion zu verzieren Jahrtausende alt ist. Neben den tätowierten skythischen Mumienfunden aus dem Altai-Gebirge (ca. 500 – 300 v. u. Z.; s. z. B. POLOSMAK 1994; ROLLE 1992) sind einige tätowierte Linien auf Rücken und Beinen der bronzezeitlichen Gletschermumie aus dem Ötztal in den Tiroler Alpen der wohl derzeit älteste Beleg (um 3300 v. u. Z.). Daß das hierzu verwendete Tätowierwerkzeug ein Knochengerät gewesen sein könnte, wurde vermutet, weil sich unter den Ausrüstungsgegenständen des Mannes eine sehr spitze Knochenahle befand, die sich zu diesem Zweck eignen würde (HÖPFEL et al 1992). Der Tätowierer Daemon Rowanchilde und der Archäologe Julian Seeger aus Kanada haben das Werkzeug nachgebaut und erfolgreich ausprobiert – eine etwas andere Art der experimentellen Archäologie.

Fotos: Julian Seeger & Daemon Rowanchilde

Zu einer kulturellen Blüte gelangte die Tätowierkunst unter anderem in Polynesien. In Neuseeland beispielsweise wurden und werden Moko, die traditionellen Gesichtstattos der Maori, mit Knochenklingen, den Uhi, tätowiert (NELEMAN et al. 1999).